FÜR MENSCHEN­RECHTE STIFTEN GEHEN

Die Stiftung Menschenrechte wird 20 Jahre alt. Sie fördert die Arbeit der deutschen Sektion von Amnesty International.

Von Markus N. Beeko

Das Entsetzen über den Zweiten Weltkrieg und die Verbrechen Deutschlands war noch sehr präsent, als vor 75 Jahren die UN-Generalversammlung die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedete. Der Nationalsozialis­mus hatte Millionen Menschen entrechtet und verfolgt. Einer davon war Konrad Hirsch. Er überlebte die Schrecken der NS-Zeit.

Nach seinem Tod richtete seine Frau Berthe im Jahr 2001 eine Stiftung im Namen ihres Mannes ein, mit einem kleinen Vermögen. Konrad Hirsch hatte verfügt, dass damit die Arbeit von Amnesty International unterstützt werden solle. Als Berthe Hirsch erfuhr, dass sich mit der Stiftung Menschenrechte kurze Zeit später eine Förderstiftung für Amnesty International gründete, übertrug sie das Vermögen. So kam die Stiftung Menschenrechte, die dieses Jahr ihr 20. Jubiläum feiert, bald nach ihrer Gründung zu ihrer ersten Million. “Eine glückliche Fügung, denn so konnten wir mit sehr viel mehr Finanzkraft ans Werk gehen”, berichtet Martin Moryson, der gemeinsam mit Peter Franck den Vorstand der Stiftung bildet.

Unterstützung für Anwar Al-Bunni

Seither fördert die Stiftung Menschenrechte die Arbeit der deutschen Sektion von Amnesty International. Sie unterstützt Anwält*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen aus anderen Ländern, die sich für die Menschenrechte stark machen. Zum Beispiel Anwar Al-Bunni, einen syrischen Menschenrechtsanwalt, der seit seiner Flucht aus Syrien 2014 in Berlin lebt.

Er trug mit eigenen Recherchen und Zeugenbefragungen wesentlich dazu bei, dass der Syrer Anwar R., der in einem Gefängnis des syrischen Geheimdienstes in Damaskus für die Folter von mindestens 4.000 Häftlingen verantwortlich war, vor dem Oberlandesgericht Koblenz angeklagt werden konnte. Das Gericht verurteilte ihn im Januar 2022 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft. Die Stiftung Menschenrechte un­terstützte die Ermittlungsarbeit Al-Bunnis und seiner Kolleg*innen, finanzierte Reisekosten, Übersetzungen und Schulungen.

Die Stiftung macht nicht alle Aktivitäten publik. “Oft unterstützen wir Menschen, die unter Lebensgefahr Menschenrechtsverletzungen aufdecken. Öffentlichkeitsarbeit kann in solchen Fällen schaden”, erklärt Peter Franck. “Stifterinnen und Stifter erfahren natürlich, was wir finanzieren. Häufig gibt es auch Gelegenheit zum persönlichen Austausch mit den Menschen, die wir unterstützen.”

Wir wollen noch mehr Menschen unterstützen. Dafür soll die Stiftung weiter wachsen.

Martin Moryson

Den Grundstein für die Stiftungsarbeit legten am 13. Mai 2003 acht Erststifter*innen mit einem Anfangsvermögen von 67.000 Euro. Zu ihnen gehörten der Politiker und Menschenrechtsanwalt Gerhart Baum, die Publizistin und Gründerin von Amnesty International in Deutschland Carola Stern sowie der frühere Generalsekretär der deutschen Sektion Volkmar Deile, aber auch die IG Metall und die Allgemeine Hypothekenbank. “Uns war es wichtig, dass die Stiftung von einem breiten Spektrum der deutschen Gesellschaft getragen wird”, sagt Martin Moryson.

Das ist bis heute so geblieben. Aktuell hat der Stiftungsrat 14 aktive Mitglieder. Er vertritt die Interessen der Stifterinnen und Stifter und berät das fünfköpfige Kuratorium und den Vorstand. Die Stiftung legt das Geld sicher und ertragbringend, aber auch ökologisch, sozial und ethisch verantwortungsvoll an. Ende 2022 belief sich das Anlagevermögen auf 3,2 Millionen Euro. Rund 125.000 Euro kann die Stiftung so jährlich für die Unterstützung von Menschenrechtsaktivist*innen ausgeben.

“Damit lässt sich einiges bewegen”, meint Martin Moryson, und fügt hinzu: “Wir wollen noch mehr Menschen unterstützen. Dafür soll die Stiftung weiter wachsen.” Vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika will sie stärker wirken. Für die Zukunft wünscht sich Martin Moryson außerdem jüngere Gesichter in den Stiftungsgremien.

18. Mai 2023